Vor 10.000 Jahren lebten 10 Millionen Mensehen auf dieser Erde - soviel wie heute in New York. Im Jahr 2000 werden 6 Milliarden Menschen das Aussehen der Welt und des Einzelnen bestimmen. Das ergibt gewisse Konsequenzen. Dazu müssen wir ja sagen und Schöpfer sein in diesen veränderten Bedingungen. Zukunft nicht als goldenes Kalb, aber als Aussicht auf Rettung und als Quelle des Mutes zum Handeln wenigstens. Wer nur zurückblickt weicht aus.

Ja zur Kunst, zum Menschen als Erfinder und Mitschöpfer. Zusammenfinden der Menscheit nicht zur Vermassung, sondern zur Einheit. Zusammenströmen der 500.000 Jahre Menschsein in diesem Jahrhundert der Provisorien und Übergänge. Maßstab aller künftigen Dinge ist die Freude. Keine seichte Nächstenliebe, sondern gemeinsame, starke Freude.

Bestimmung der Kunst neu definieren und ihr den Platz verschaffen, der ihr zusteht. Technik nicht als Kunsttöter, sondern als Katalysator zur größeren Erlebbarkeit von Kunst. Erst jetzt kann sie wieder ihre wahre und umfassende Berechtigung erfahren. Sie tritt gleichberechtigt neben Religion und Wissenschaft und wird geistiger Halt in einer Welt, welche die materiellen Ansprüche wie nie zuvor erfüllen kann. In einer Welt, in der wir es in der Hand haben, uns selbst zu vernichten.

Es werden Individuen hervortreten, die mit der Ahnung der Jahrtausende alle Dinge in das vernünftige Maß bringen. Kunst als Anwendung des technisch Möglichen und menschlich Notwendigen. Ihre neue Aufgabe ist umfassender als religiöse, wissenschaftliche oder technische Lehren. Diese werden Bestandteile sein dieses neuen Kunstverständnisses. Unsere materiellen Möglichkeiten der Lebensgestaltung erfordern als Ausgleich die Konzentration auf Freude am Geist.

Als Künstler den Nobelpreis für Physik erhalten. Patente anmelden, Technik muß zur Selbstverständlichkeit werden, Kunst zum Inhalt, das Paradies zum Ziel. Der Turmbau zu Babel als Zeichen des Zusammenfindens der Menschen im gemeinsamen Erlebnis. Der Turm aus Freude an der Größe aller. Wer hat Interesse,das als Anmaßung bestraft zu sehen mit Sprachverwirrung.
Manifest
"Mut zur Zukunft"
Die scheinbar unsinnigen Bauten großer und reicher Städte sind sympatische Versuche des Menschen, die Menscheit zu erhöhen. Tempelplätze der Azteken, romanische Foren, spanische Gärten - nicht für Götter, nicht für Kaiser. Für uns. Versailles, Ronchamp für uns. Als Erlebnis dem Menschen. Die ganze Erde meinen als irgendeinen Planeten im All. Aber sie kennzeichnen als unsere Erde. Von uns bebaut und von uns kündend. Als das mit unserer Hilfe erweiterte Bild des Menschen eben dieser Erde. Nicht aus Anmaßung sondern aus Optimismus für den neuen Menschen. Damit wir eines Tages etwas vorzuweisen haben. Damit eines Tages gesagt werden kann, ihr habt die euch gegebenen Möglichkeiten gut genutzt. Ihr könnt gerettet werden. In unserer Unvollkommenheit gibt es nichts als den Menschen selbst, der durch seine geistige Kraft und seine Erfindergabe sich die Welt gestaltet und zum Partner bei Paradiesverhandlungen wird.

In aller Bescheidenheit, aber mit eigener Leistung. Das ist der Mensch, der akzeptiert werden wird. Aber seien wir wach und bewußt und nutzen wir unsere Möglichkeiten. Das ist viel - und wird Anerkennung finden. Nicht die Schwäche des Menschen ist das Ebenbild seines Schöpfers, sondern die Stärke des Menschen wird auch Ihn erheben. Alles was der Mensch bisher erdacht und geschaffen hat, muß von nun an in unserer Arbeit enthalten sein. Wir werden die Menschen aller Jahrtausende repräsentieren und die Menscheit dieser Erde sein.

Mein Konzept ist die große Geste, die große Toleranz, der große Streit. Ich sage ja, meine ja, und baue keine Brücken. Nein sage ich, meine nein und errichte keine Mauern. Jedem alles zugestehen und doch nur das Gute gelten lassen.

           Die Füße fest am Boden, den Kopf in den Sternen.

                                        1965 Jox Reuss